Spätestens nach Krieg der Sterne sollte uns allen klar sein, dass der Weg zur dunklen Seite ein verdammt kurzer ist. Das gilt auch für die Werbeindustrie. Statt die eigene Marke durch Innovation, verbesserte Produktqualität oder langjährige Promotionsarbeit nach vorne zu bringen, schalten manche Unternehmen einfach ihre Konkurrenz aus und erschleichen sich so auf einfachem Weg die Marktführung. Da die öffentliche Degradierung anderer Marken bei den Kund:innen nicht gut ankommt, lassen besagte Firmen perfide, verdeckte Rufmordkampagnen organisieren. Die sog. Dark PR läuft, wie jede andere Werbekampagne auch, klassisch über eine Agentur – natürlich unter wesentlich strengerem Verschwiegenheitsgebot und dafür einer wesentlich lascheren Ethik.
Wenn sich ein Unternehmen für eine Dark PR-Kampagne entscheidet, so liegt der erste Schritt in der Agentursuche. Einige Agenturen haben sich sogar auf die Entwicklung solcher Negativkampagnen spezialisiert. Ist ein passender Partner in Crime gefunden, wird das Ziel identifiziert. Meistens wählt man eine Person aus der Geschäftsführung des Konkurrenzunternehmens, z.B. den Gründer oder die Geschäftsführerin. Der Ruf dieser Person soll nun so weit zerstört werden, dass sich dies unmittelbar auf die Reputation des Unternehmens auswirkt und das Konkurrenzunternehmen mit Blick auf den Wettbewerb unschädlich gemacht wird.
Eine übliche Vorgehensweise sind dabei sog. Honey Traps. Die Zielperson wird beschattet um Video-, Sprach- oder Fotoaufnahmen zu dekontextualisieren und in Fake News einzubetten. So kann beispielsweise ein Bild, das den CEO in einer Kneipe zeigt, in eine Falschmeldung eingebettet werden, die auf ein Alkoholproblem abzielt. Aber auch andere Arten von Fake News, gefälschte Nachrichten über gehackte Mail- oder Social Media-Accounts, unautorisierte Datenlecks oder manipulierte Kritiken finden Anwendung. Die möglichen Ansatzpunkte für Dark PR sind beinahe grenzenlos, gerade aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung. Negative PR wird immer wahrscheinlicher, denn Bewertungen über Google, Kununu oder Facebook lassen sich schnell und ohne großen Ressourcenaufwand fälschen und mit Hilfe von mietbaren Trollen und Bots kann so jede Falschmeldung in kürzester Zeit eine enorme Reichweite in Social Media generieren.
Hat die Kampagne gefruchtet, so sind die Folgen für die Auftraggebenden erst einmal gut. Das Konkurrenzunternehmen ist weg, die Kund:innen kaufen nun bei ihm und das Ganze hat noch nicht mal viel gekostet. Das schlechte Gewissen lässt sich am besten vermeiden, wenn man gar kein Gewissen besitzt. Die Folgen für das geschädigte Unternehmen können katastrophal sein. Neben Reputationsverlusten sind bei erfolgreicher Dark PR langfristige finanzielle Schäden zu verzeichnen. Das Unternehmen verliert nicht nur seine Stellung am Markt, sondern muss auch zwingend Kosten einsparen, Standorte schließen und Arbeitsplätze streichen. Dark PR ist also wenig sozial verträglich. Welche psychischen Folgen eine Rufmordkampagne bei den geschädigten Zielpersonen haben kann, bedarf an dieser Stelle wohl keiner weiteren Ausführung. Auch wenn die Fake News im Nachgang als solche öffentlichkeitswirksam identifiziert wurden, so bleiben die negativen Assoziationen zu Personen und Marken dennoch bestehen.
Spannend wird es, wenn die Dark PR mitsamt Auftraggebenden aufgedeckt wird. Die Auftraggebenden dürfen sich dann nicht nur über sich abwendende Kund:innen und Geschäftspartner:innen, finanziellen Schaden und Reputationsverluste freuen, sondern haben auch die Klagen und Schadensersatzforderungen durch die Geschädigten zu erwarten. Hinzu kommen Strafzahlungen wegen unlauteren Wettbewerbs. Karma is calling!
Vollständig auszuschließen ist das Risiko eines Reputationsangriffes zwar nie, dennoch können Präventionsmaßnahmen die Wahrscheinlichkeit auf einen solchen minimieren. Verbesserte Strukturen und Prozesse bieten beispielsweise weniger potentielle Angriffsflächen. Denn je höher die Restriktionen in einem Unternehmen, desto höher die vom Auftraggebenden zu investierenden Ressourcen für eine erfolgreiche Dark PR-Kampagne. Sinnvoll ist außerdem eine Risikoanalyse. Welche Konkurrent:innen kommen für Dark PR infrage, wo würde am ehesten angegriffen werden und welche Methoden sind denkbar? Bei erwartbaren Szenarien, empfiehlt sich eine konkrete Ausarbeitung einer Krisenmanagementstrategie, z.B. über die Vorformulierung von Statements, die Kreation von Darksites und die Erstellung von Kontaktlisten für Hilfe im Ernstfall.
Zudem können Reputationsangriffe intern geprobt werden, beispielsweise im Zuge einer Shitstorm-Simulation. Dies legt mögliche Schwachstellen im bestehenden Krisenmanagement offen, welche in einem nachfolgenden Schritt ausgebessert werden können und macht die Belegschaft mit den Abläufen im Krisenfall vertraut. Kommt es nun zu einem Angriff, so kann schnell und besonnen gegengelenkt werden.
Gerade, weil bewusste Verschleierung vorliegt, sind Informationen das A und O im Umgang mit Dark PR. Natürlich muss auf Falschmeldungen so schnell wie möglich reagiert werden, gerade wenn sie unschuldige Menschen in Verruf bringen. Aber haltlose Anschuldigungen ohne Beweise sind eher kontraproduktiv und werden von der Öffentlichkeit sehr wahrscheinlich zerschlagen.
Daher ist der erste Schritt im Falle eines Angriffs eine interne Analyse der Situation. Lassen sich irgendwo in der Veröffentlichung Hinweise auf die Autor:innen finden, gibt es eine vorangegangene Schlüsselsituation und welche Motivationen sind denkbar? Gibt es einen Verdacht, so sollte dieser auf jeden Fall mit Fakten untermauert werden, bevor er auf irgendeinem Wege extern kommuniziert wird. Zudem kann möglicherweise mit der Unterstützung von IT-Expert:innen die IP-Adresse der Urheber:innen herausgefunden werden. Auch Kommunikationsagenturen können den Geschädigten helfen, die Botschaften zu entschlüsseln und bei der Entwicklung einer Krisenkommunikationsstrategie und konkreten Gegenmaßnahmen unterstützen. Stellt die Dark PR eine realistische Bedrohung für die Reputation, die finanzielle Situation oder gar den Fortbestand des Unternehmens dar, so sollten alle Ressourcen mobilisiert werden, um der Kampagne entgegenzuwirken. Fahrlässigkeit und Fehler im Umgang mit Dark PR kommen Ihnen wesentlich teurer zustehen.